Den „Club Germania“ in Lima verließen wir mit dem Gefühl, dass wir dort nicht wirklich willkommen waren … Der Verkehr spülte uns auf die Ausfallstraße, auf der wir recht schnell das „Moloch Lima“ verlassen konnten.
Unser nächstes Ziel war der ca. 300 Kilometer weiter südlich gelegene „Nationalpark Paracas“. Auf perfekter Autobahn ging es immer an der Pazifikküste entlang. Bereits weit vor der Stadt „Pisco“ fingen die riesigen Weinanbaugebiete an – hier entsteht das berühmte und gleichnamige Getränk Pisco. Am Eingang zum NP bezahlten wir die obligatorischen 20 Soles (ca. 6 €) und durften einfahren in eine spektakuläre Landschaft, die man so vielleicht irgendwo in Afrika vermutet hätte. Wir ließen noch Luft aus den Reifen, dann hatten wir drei Tage lang Spaß in diesem riesigen Gebiet und fanden traumhafte und spektakuläre Wildcampingplätze in einer unwirklichen Umgebung. Bei einer „Bergbesteigung“ wunderten wir uns über unsere Kondition – es fiel uns nämlich plötzlich alles ganz leicht. Wir konnten es uns nur damit erklären, dass wir lange in großen Höhen waren und wir deshalb viel mehr weiße Blutkörperchen hatten.
Wir fuhren also vom Friedhof zurück nach Nazca und wieder rein in die Berge. Am Ortsausgang stand ein Schild mit einer Entfernungsangabe nach Cusco – wir hielten es beinahe für einen Fehler – da standen ganze 641 Kilometer angeschrieben. „Das kann doch nicht sein!“ – meinten wir beide gleichzeitig – also schnell unser Navi gefragt und auch das bestätigte die Angabe! Booo! Echt jetzt? Also schraubten wir uns wieder höher und höher. Rini sah dann irgendwann weiter oben auf der Serpentinenstraße eine PickUp-Kabine talwärts fahren – das Fahrzeug aber nicht – dafür war der Winkel zu steil. Sie meinte dann: „Da kommen bestimmt Jessy und Benni!“. Ein paar Kurven später sahen wir tatsächlich den Hilux – ein Zufall und eine Freude! Ein kurzer Ratsch am Straßenrand und wir zogen weiter. Da es schnell in Höhen von über 4000 m ging, wählten wir relativ früh einen Nachtplatz um uns zu aklimatisieren. Ich tauschte noch die Hinterräder von rechts nach links und zur Belohnung gab es einen super tollen Sonnenuntergang mit einer unglaublichen Weitsicht.
Am folgenden Tag rollten wir über den 60.000sten Kilometer seit beginn unserer Reise in Halifax. Zwei weitere Fahrtage später trafen wir morgens um zehn in „Cusco“ ein. Ein Verkehrschaos sonders gleichen empfing uns. Alles war verstopft und aus zwei Spuren wurden auf einmal fünf gemacht und zwar so, dass der Gegenverkehr gar keine Spur mehr hatte. Natürlich wurde auch hier von den einheimischen Ralleypiloten der Hupenknopf als einzige Möglichkeit gesehen, um dem Chaos zu entfliehen – natürlich ohne Erfolg! Ein einziger, total überforderter Polizist gab sein bestes um etwas Ordnung in das Chaos zu bringen – zwei Stunden später waren wir am zwei Kilometer entfernten Campingplatz! JUHU! Alte Bekannte waren auch schon da und versorgten uns sogleich mit einigen Infos.
Drei Tage blieben wir in Cusco und besichtigten die herrliche Altstadt mit ihren Inkamauern und den imposanten Kolonialbauten. Im „Museo del Pisco“, einer Bar die sich voll und ganz dem beliebten Nationalgetränk verschrieben hat, bestellten wir eine „Degustation“ – eine Piscoverkostung und danach gab es noch ein Abendessen. Ein kulinarischer Hochgenuss! Auf dem Campground waren dann auch Reisende, die von ihrem „Machu Pichu“-Besuch berichteten. Was wir da zu hören bekamen bekräftigte unseren Entschluss, dem immer größer werdenden Club der “ Machu Pichu-Verweigerer“ beizutreten. Eigentlich dürfen täglich nur 2500 Besucher die 1911 wieder entdeckte Inkastätte, hoch oben in den Bergen, besichtigen. Wir erfuhren allerdings, dass zur Hochsaison (also jetzt) bis zu 6000 Tickets verkauft werden. Viele dieser Tickets werden dann einfach auf Tage datiert, an denen die limitierte Anzahl von 2500 Stück nicht erreicht wurde. So kommt man also auch auf seinen Schnitt … Nicht nur, dass die Anfahrt mit dem Zug und dem Bus sehr aufwendig und kostspielig ist – nein, wenn man morgens um zehn in den Ruinen sein will, dann muss man sich bereits um vier Uhr morgens am Bus anstellen!
Ollantaytambo
Die Straße ging über in eine Wellblechpiste und dieser folgten wir für fast 250 Kilometer, bevor wir wieder auf eine geteerte Hauptstraße trafen. Die Landschaft unterwegs war geprägt von kargem Hochland und ärmlichen Behausungen.
An einer Steigung auf 4200 m hatte der Iveco plötzlich keine Leistung mehr. Der Motor drehte bis 2500 U/min und fing dann zu stottern an. „Oh nein – nicht schon wieder die Filter dicht!“ – sagte ich und beschloss erst einmal nur den Separ-Vorfilter abzuklemmen (ich dachte, dass der sich als erstes zusetzt) – allerdings war das Problem bei der Weiterfahrt immer noch da. Es war bereits spät und wir suchten abseits der Straße – in der Wüste – einen Nachtplatz. Am Morgen begann ich dann die Suche nach dem Problem. Als erstes blies ich die Leitung zum Tank mit Druckluft durch – ich vermutete, dass Sieb im Tank könnte dicht sein. Nachdem alles wieder entlüftet war und der Motor immer noch nicht hoch drehte, sah ich in der Leitung zur Einspritzpumpe Luftblasen, die sich mit zunehmender Drehzahl zu Schaum entwickelten. Also hatten wir keinen Filter dicht, sondern irgendwo wurde Luft angesaugt! Ich klemmte die Leitung vom Tank vor der Handpumpe ab und ließ den Motor aus einem Kanister laufen – es kam wieder Luft – also lag es nicht am Tank/der Leitung. Dann klemmte ich den Kanister direkt an den Eingang des Serienfilters – wieder Luft … also war es die Handpumpe auch nicht. Danach tauschte ich den Wassersensor im Filter gegen einen Schraubverschluss – auch kein Erfolg, immer noch Luft! Als nächstes untersuchte ich den Filterkopf und fand – NICHTS – „Also der Filter selber!“. Ein neuer Filter war schnell montiert und ich traute meinen Augen nicht – immer noch Luft in der Leitung! Scheiße! Lange stand ich dann, starrte und überlegte – das allerletzte Bauteil war der Metallstutzen am Filtereingang – ich hoffte, dass der Anschluss identisch mit dem der Handpumpe sei und siehe da – die Schraube und der Stutzen waren gleich. Alles festgezogen uuuuuuuund – keine Luft mehr! JUHUUUU! Entweder der Stutzen hatte einen Haarriss oder die Hohlschraube war gerissen. 4 Stunden Fehlersuche somit von Erfolg gekrönt! Auf zum „Colca Canyon“ hieß es dann!
Der Weg zurück führte wieder über den Pass, denn „Arequipa“, die zweitgrößte Stadt Perus, war unser nächstes Ziel. Auf dem Weg dorthin gab es nirgends einen Stellplatz für uns. So fragten wir wieder einmal unsere App „iOverlander“ nach Rat – nördlich der Stadt in den Bergen war ein Wildcampingspot eingetragen. Wir beschlossen diesen anzufahren. Steil ging es aus der Stadt bergauf und die letzten 3 Kilometer schaukelten wir von Loch zu Loch – landeten dann aber auf einem ebenen Platz mit einer grandiosen 5-Sterne Aussicht über die funkelnde Stadt.
Am „Hotel Mercedes“, mitten in Arequipa, fragten wir am nächsten Morgen ob Platz für uns sei – Platz war da und so stellten wir uns gleich neben die Tanners 🙂 Drei Tage blieben wir in Arequipa, besichtigten die imposante Altstadt mit dem riesigen „Plaza de Armas“ und der Kathedrale, besuchten die unglaublichsten Restaurants – wir aßen z.B. geniale Crepes (Rini mit Ziegenkäse, Tomaten und Basilikum und für mich gab es Alpaka-Crep) oder original italienische Pizza mit knusprigstem Boden – hmmm lecker. Am anderen Abend gab es veganes Sushi – ich war erst sehr skeptisch – aber als Rini meinte, dass dieses Restaurant auf Platz vier von TripAdvisor in Arequipa steht, war ich bereit für fischlose Reisröllchen – sie waren UNGLAUBLICH!
Mit dem Taxi fuhr ich noch ins „Ersatzteilviertel“ der Millionenstadt und fand alles was ich suchte. Neue Hohlschraube, Ringanschluss, Kupferringe und frisches Öl für Schaltgetriebe und Verteilergetriebe. Am Camping baute ich die ganze Dieselgaudi wieder so zusammen wie es sich gehört.
Von den Tanners verabschiedeten wir uns – wir werden uns wohl erst im nächsten Jahr irgendwo in Patagonien wieder über den Weg fahren – sie müssen für kurze Zeit heim. Wir ließen Arquipa hinter uns – viel länger hätten wir bleiben können aber unsere Aufenthaltsgenehmigung für Peru lief langsam aus …
Auf einer urigen Gevelroad schraubten wir uns hoch in die Berge zur „Laguna Salinas“. Direkt oberhalb des Salzsees übernachteten wir und nach einer bitterkalten Nacht, auf 4200 m, kam am Morgen kein Wasser mehr aus dem Hahn – die Leitung war eingefroren – Oh je … Nach zwei Stunden sah ich an der Wasserpumpe das Wasser raus laufen, glücklicherweise drückte es nur durch eine Schlauchschelle und das Leck war schnell behoben. Unglaublich eigentlich – außenrum ist alles isoliert – wir haben dann die ganze Anlage nochmal zusätzlich eingepackt.
Nach weiteren 200 Kilometern standen wir dann am höchsten kommerziell schiffbaren Gewässer der Erde – dem Titicacasee! Leider ist es mit dem Umweltbewusstsein der Peruaner nicht weit her. Müll, Müll, Müll – und das überall, auch am Ufer des berühmten Titicacasees. Collectivo-Minibusse werden bis in den See gefahren um sie zu waschen – alles ganz normal. Fährt man einige Zeit hinter einem einheimischen Auto her, dann kann man leider zu oft darauf warten, dass irgendetwas aus dem Fenster fliegt – auch alles ganz normal.
Wir kamen an einem Samstag nach Puno, genau richtig zum Markttag – die ganze Innenstadt ein einziges buntes Treiben – es gab einfach alles zu kaufen… Obst, Gemüse, neue und gebrauchte Kleider, Schuhe, Gewürze, Hundewelpen, Hühner, Nägel, Schrauben, Wunderheiler verkauften Salben und Kräuterchen, und natürlich gab es Essensstände – apropos Essensstände: Wir kauften uns mittags ein großes und sehr wohlschmeckendes Ceviche und als nachmittags der kleine Hunger wieder kam, wollten wir an einem anderen Stand kleine, in Öl gebackene Fische erwerben – in der Pfanne brutzelten mehrere Portionen vor sich hin und ich bestellte eine – aber die Verkäuferin gab uns zu verstehen, es gäbe bei ihr nichts mehr – aha, also kein Essen für Gringos an diesem Stand! Rini konnte es nicht fassen – noch kein einziges Mal wurden wir angefeindet oder unfreundlich behandelt – eine seltene aber trotzdem eindrückliche Ausnahme.
Die berühmten schwimmenden Inseln auf dem Titicacasee haben wir nicht besucht, stattdessen fuhren wir zum „Monumento Arqueologico Sillustani“ – alte aus massivem Stein gebaute Grabtürme – teilweise bis zu 12 Meter hoch thronen sie über einem See. Eine tolle Kulisse!
Bis zur Grenze nach Bolivien waren es dann nur noch 80 Kilometer. Unsere Dieseltanks füllen wir noch bis zum Anschlag, da es in Bolivien für Ausländer mitunter schwer und teuer sein kann, an genügend Treibstoff zu kommen – ebenso füllen wir die Gastankflasche – da auch das Gas in Bolivien staatlich subventioniert ist und die Angabe an Ausländern nicht gestattet ist.
Viele Horrorgeschichten hörten wir im Vorfeld – teilweise aus erster Hand. Überfälle mit Waffengewalt, Diebstähle, Einbrüche usw. (wir hörten von einem Pärchen, das in Peru ganze 4x überfallen wurde)! Nichts, aber auch gar nichts dergleichen, ist uns widerfahren. Die meiste Zeit standen wir Nachts über wild – wenn wir auf Campingplätzen waren, dann hingen wir dort meistens gleich für einige Tage fest, weil es so nett und schön war. Zweimal übernachteten wir als „Notlösung“ an Tankstellen. Wir wurden immer freundlich behandelt (außer an dem einen Essensstand) und nie gab es ein böses Wort. Peru hat so unendlich viele historische Stätten, dass sie unmöglich alle zu besichtigen sind. In keinem Land vorher sind wir so viele unbefestigte Straßen gefahren wie in Peru. Das Essen war köstlich und günstig. Gerne wären wir noch viel länger geblieben, aber der Kontinent ist noch groß und wir freuen uns jetzt auf Bolivien.
Ach ja, was uns in Peru immer sehr belustigt hat, besonders wenn wir über Land fuhren, waren die endlos vielen Parteienwerbungen – meist ganz einfache, mal besser, mal weniger künstlerisch wertvolle, auf Häuser gemalte Parteilogos … was wir da alles gesehen haben ist schier unglaublich! Folgende „Dinge“ finden als Parteilogo in Peru Verwendung: z.B. Kochtopf, Blume, Schaufel, Sandale, Spitzhacke, Panflöte, Kartoffel (ein Oval in dem „Papa“ geschrieben steht, da man es sonst noch nicht einmal als Kartoffel identifizieren könnte), Hut, Hahn, Berglandschaft, Baum, Frau mit Kind, Fisch, usw. …
- gefahrene Strecke: 3.142 km
- Schäden bzw. Verschleißteile:
– Auspuff gerissen – geschweißt
– Dieselleitung am Filter undicht (Luft gezogen) – Anschluss erneuert - Verluste: keine
- Plattfüße: keine
- Ausrüstungs TOPPs:
Vliesbettwäsche von Lidl – hält auch bei Minusgraden schön warm!