Genau fünf Jahre sind vergangen, seit wir von unserer ersten großen Reise zurückgekehrt sind. Und genau fünf Jahre hatten wir veranschlagt, bis wir wieder unterwegs sein wollten. Zwischendrin ist viel passiert. Wir haben uns von unserem treuen IVECO getrennt, ein neues Reisefahrzeug aufgebaut, viel gelernt und viel gearbeitet. Zeit in ein neues Abenteuer zu starten!
Startpunkt: Halifax – Ziel: unbekannt…
Das geht ja gut los. Unser guter Freund Gerd hatte sich bereiterklärt uns zum Bahnhof zu fahren. Abgemacht! Pünktlich haben wir unser Gepäck auf der Straße abgestellt als ein Anruf kam: „ Hier ist ein Unfall, ich komme ein paar Minuten später!“. Ok, halb so wild, es ist ja noch Luft. 8 Minuten später rast der Benz um die Ecke und wir schnell das Gepäck, die Zora und uns ins Auto geschmissen. Los! Jetzt darf aber nichts mehr sein! 5 Kilometer später stehen wir an einer Ampel im Stau. Ohje, das wird nichts mehr… Wir überlegen mögliche Alternativen um anderweitig zum Bahnhof zu kommen, es gibt aber keine. An jeder Kreuzung drängeln wir uns vor und Gerd setzt definitiv seinen Führerschein aufs Spiel. Mit gefühlt 100 km/h durch die Stadt! 5 Minuten vor Abfahrt des ICE nach Frankfurt sind wir am Bahnhof. Schnell zum Gleis gehetzt und fix und fertig in den Zug gestiegen. Den Sitzplatz hatten wir reserviert. So konnten wir die vergangene Stunde erstmal in Ruhe verdauen. Kurz vor Würzburg hält der ICE, der uns zum Flughafen bringen soll, auf freier Strecke an und der Triebwagenführer sagt durch, dass es ein technisches Problem gäbe. 20 Minuten später hält ein zweiter ICE genau neben uns. Dann eine erneute Durchsage, dass unser Zug wegen der technischen Schwierigkeiten nicht den Frankfurter Flughafen anfahren wird. Alle Reisenden mit Ziel Flughafen müssen am nächsten Bahnhof aussteigen und in den dahinter fahrenden Zug einsteigen. Ab da hatten wir einen Stehplatz und verbrachten den Rest der Strecke mit unseren Koffern und Zora im Gang. Ohne Worte! Letztendlich waren wir mit 1,5 Stunden Verspätung endlich am Airport angekommen. Marinas Eltern warteten bereits auf uns und wir wurden noch reichlich verpflegt. Danke dafür!
Irgendwann konnte ich dann einchecken. Ja, nur ich. Marina und Zora haben noch 11 Tage Aufenthalt in Frankfurt, bevor sie nach Kanada fliegen können. Es gab keinen Platz für die Hundebox im Flieger, obwohl wir schon vor Monaten die Flüge gebucht hatten. In unserer Verzweiflung buchten wir für Marina und Zora sogar schon einen Flug nach Toronto – ist ja „nur“ 2000 km von Halifax entfernt… Glücklicherweise hatte Marina aber 3 Wochen vor meinem Flug nochmal nachgesehen und einen Flug mit Box nach Halifax gefunden und sofort umgebucht.
Ich saß also alleine im Flieger. Holzbankklasse bei Condor – für mich nie wieder. Eine Bestuhlung wie auf Kurzstrecke und Essen, naja. Der Pilot hatte mächtig aufs Gas gedrückt und uns schon nach 6,5 Stunden in Halifax rausgeschmissen. Am Zoll ging alles ganz fix. Man füllt an einem Terminal seine Einreisedeklaration aus und geht dann zu einem Beamten. Zwei, drei Fragen und das wars. Welcome to Canada!
Ich war zwar fertig, aber unendlich froh endlich angekommen zu sein. Angekommen? Ähm… Ich musste ja noch zum Hotel, also hab ich mir ein Uber-Taxi bestellt, das prompt vor dem Flughafen an mir vorbeigefahren ist. Hallo – die Fahrt ist schon bezahlt! Er hat dann aber angerufen und ist zurückgekommen. 30 Minuten später war ich im Hotel und konnte duschen und schlafen.
Um 6:00 Uhr morgens klingelte der Wecker. Grrrrrrrrr – das Teil wollte ich doch für die nächsten Jahre nicht mehr hören. Aber ich musste ja den LKW aus dem Hafen holen. Nach einem Frühstück lief ich zum Hotel nebenan, um mich dort mit der Agentin zu treffen. Ca. 30 andere Reisemobil- Abholer warteten auch auf die Agentin. 150,- CD (Kanadische Dollar) musste jeder für den Aufwand der Agentur noch bezahlen. Alle Papiere waren fertig, aber das Kreditkartengerät funktionierte nicht. Glücklicherweise konnte ich in Bar auch mit US-Dollar bezahlen und lief dann die knapp 2 Kilometer zum Zoll um mir den, so wichtigen, Stempel abzuholen. Vor mir waren 4 Franzosen, hinter mir ein schweizer Paar und dahinter 2 einzelne Männer. Ich bot den Schweizern und den beiden Männern an, dass wir uns ein Taxi zum Hafen teilen könnten. Da meinten die Schweizer, dass sie einen Leihwagen hätten und wir mit ihnen kommen könnten. Vielen Dank für den Taxidienst! Am Hafen – inzwischen 10:00 Uhr – war ich zuversichtlich, den LKW noch an diesem Tag zu bekommen. Gesehen hatte ich ihn schon.
Im Hafen wurden wir dann mit einem Shuttleservice zum Abholterminal gefahren – alles wie 2015. Noch die 50,- CD Handlingspauschale für den Hafen per Kreditkarte bezahlt (hier funktionierte das) und ein Schwätzchen mit der netten Dame gehalten. 47 Camper waren auf dem letzten Schiff, auf dem nächsten seien es dann 70 Wohnmobile. Dann wurde ich aufgerufen für die Inspektion. Ich sollte den LKW auf Beschädigungen überprüfen. Außenrum war nichts zu sehen, alles in Ordnung. Als ich dann die Fahrertür öffnete sah ich sofort, dass jemand den Einstiegsgriff abgebrochen hatte. Die Inspekteurin nahm mich mit in das ACL Büro um den Schaden zu melden. Mal sehen was daraus wird.
Dann war ich entlassen. Schlüssel rein und der Motor schnurrte vor sich hin. Ich bin dann erst mal zu meinem Hotel gefahren und hab meinen Koffer abgeholt. Weiter zum Walmart mit kostenlosem Wlan, um Marina mitzuteilen, dass unser Zuhause gut angekommen ist. Im Walmart hab ich dann noch ein paar Lebensmittel besorgt (Dauer ca.1,5 Stunden). Man(n) muss sich ja erst mal wieder zurecht finden. Marina war per Whatsapp-Videocall die meiste Zeit mit dabei, was ein Spass 🙂
Draußen parkte dann ein hellgrüner Magirus neben unserem Benz. Ich hatten einen schönen Abend mit Uschi und Bernd von @behrendbehrends (instagram).
Am nächsten Morgen hab ich dann erstmal den Blaumann anziehen müssen, noch vor meinem ersten Kaffee! Ich hatte daheim den Gastank unter dem Auto abgedreht und die Abdeckung mit einer Spezialschraube angeschraubt, so dass keiner den Tank aufdrehen konnte. Denke jetzt, dass war alles ein wenig übertrieben. Gerd war dann so lieb und hat daheim einen Einstiegsgriff aus meinem Lager geholt und nach Frankfurt zu Marina gesendet – Danke Gerd!
Nachdem das also alles so wunderbar geklappt hatte bin ich losgezogen um die Wassertanks zu füllen. An einer Tankstelle entdeckte ich einen Wasserhahn und fragte den Manager, ob ich meinen Tank füllen dürfte. Ja sicher! Aber wie die Höflichkeit der Kanadier nun mal so ist – es tut ihm sehr sehr leid, er habe keinen Schlauch. Ich sagte dann, dass ich einen hätte und er sich um nichts weiter kümmern müsse. Mit gefüllten Wassertanks fuhr ich dann zum Spry Bay Provincial Park und unternahm eine kleine Wanderung an dem herrlichen Sandstrand. Da Übernachten im Park nicht erlaubt war, fuhr ich ein paar km weiter und fand neben einem Wildwasser, am Rande eines kleinen Örtchens, einen Top Nachtplatz.
100 Kilometer weiter, einmal quer durch Nova Scotia, fuhr ich über eine Brücke und sah unter mir einen Seitenarm der Bay of Fundy. Am Ende der Brücke gibt es ein Visitor Center und eine Aussichtsplattform, die auf den Pfeilern einer alten Eisenbahnbrücke erbaut wurde. Der Nebenarm war fast trocken gefallen und zwei Stunden später kam die Flut zurück. Immer wieder ein geniales Naturschauspiel wenn innerhalb von 2 Stunden Millionen Tonnen Wasser in eine Bucht gedrückt werden.
Auf dem Rückweg von der Aussichtsplattform sah ich dann neben dem LKW einen Pinzgauer stehen und machte erstmal große Augen. Ich unterhielt mich dann mit dem Besitzer. Seit 20 Jahren ist der Pinzi schon in der Familie und so wie er aussah, wird er auch wirklich artgerecht gehalten.
Ich vertrieb mir die Zeit mit lesen und quatschte mit vielen Travelern und Einheimischen. Die Zeit verging schnell und ich blieb noch eine Nacht. Am nächsten Tag zog ich 30 Kilometer weiter zum Burntcoat Head. Das ist ein kleiner Park, auch an der Bay of Fundy, wo man bei Ebbe auf dem Meeresgrund spazieren kann. Auch hier blieb ich zwei Nächte, irgendwie musste ich ja die Zeit bis zu Marinas Ankunft rumbringen.
Ich fuhr dann über Halifax nach Süden, zu dem Touristenörtchen Peggy’s Cove. Dort lief ich bei trockenem Wetter lange über die Granitfelsen am Meer.
Während der Fahrt pumpte ich vom Reservetank Diesel in den Haupttank, als die Pumpe ausfiel und der Schalter sich ganz komisch anfühlte. Weiter ging es nach Lunenburg, da waren wir 2015 schonmal und uns hatte der Ort supergut gefallen. Bei Sonnenschein gab es unter freiem Himmel Fish & Chips für mich – hmmm lecker!
Dann waren es nur noch zwei Tage bis Marina mit Zora in Halifax landete. Die letzte Nacht verbrachte ich wieder in Halifax am Walmart, wo ich mal mehr und mal weniger gutes Internet aus dem A&W Burgershop empfangen konnte, um mit Marina die letzten Details für die Ankunft zu klären (Einreiseformalitäten). Fünf Stunden vor Ankunft des Fliegers war ich schon am Flughafen und fand einen genialen Stellplatz nur 500 Meter vom Ankunftsterminal entfernt. Die Security fuhr mindestens 5x an mir vorbei und ein paar winkten mir sogar. Ich fing dann an Abendessen für uns zu kochen, als ein Security Auto neben dem LKW hielt und eine Frau ausstieg, die mir sofort zu verstehen gab, dass ich nicht auf einem öffentlichen Parkplatz stehe und wegfahren müsse. Na toll! Sie lotste mich dann auf einen Schotterplatz neben einer Tankstelle. Marinas Flieger hatte 20 Minuten Verspätung. Also hab ich in der Ankunftshalle alle herumstehenden Prospektständer durchgesehen als mir die selbe Securityfrau im Augenwinkel erschien, die mich von meinem Stellplatz geschickt hatte. Sie schmiss mich aus dem Flughafengebäude, weil ich keine Maske trug. Als ich mich umsah trug fast keiner eine Maske. Diskussion zwecklos, ich lief zum Auto und holte eine Maske. Dann waren meine zwei Lieben endlich da und Zora bellte den ganzen Flughafen zusammen. Sie war echt fertig. Aber wir waren überglücklich alle wieder zusammen zu sein – hoffe ich 😉
Den riesengroßen Koffer und die Hundbox bekamen wir mit einem Gepäckwagen fast bis zum Auto. Dann gab es Essen und alle fielen todmüde ins Bett. Soweit bis hierhin. Ab jetzt kann ich in der Wir-Form schreiben.
Wir verräumten die meisten Sachen aus Marinas Koffer. Eine neue Dieselpumpe und der Haltergriff für die Fahrerseite landeten erstmal im Stauraum. Die Klamotten in den Schränken und was noch übrig war in einer Tasche, die wir in den nächsten Tagen aufräumen wollten. Die steht heute noch im Fahrerhaus 🙂
Gegen Mittag zogen wir los gen Norden und landeten an einem herrlichen Plätzchen, wo wir am Strand mit Zora spazieren gingen.
Den kommenden Tag verbrachten wir viel mit Fahren, da sich das Wetter ziemlich verschlechtert hatte. Es regnete viel und wir stellten uns auf den ruhigen Besucherparkplatz des Shorebirds Reserve and Interpretive Centers in der Nähe von Dorchester.
Ich tausche die Dieselpumpe zum Umpumpen und stellte fest, dass das vorgeschaltete Magnetventil auch durchgebrannt war. Jetzt können wir zwar wieder umpumpen, aber nur im Stand. Abseits der Highways sind die Straßen grottenschlecht, so auch die Straße von Miramichi nach Grand Falls. Teilweise fuhren wir auf durchgeweichten Sandpisten und über Schlaglochpisten, die wie eine Mondlandschaft aussahen. Dafür fanden wir auf halbem Weg nach Grand Falls einen traumhaften Nachtplatz an einem Fluss. Am Morgen ließen wir die Drohne steigen und Zora wurde von irgendwelchen ganz schlimmen Beistieren attackiert. Ab da hatte sie leider Hausarrest und wir packten zusammen…
Auf der Weiterfahrt hörten wir immer mal wieder ein helles metallisches „Klonk“. Marina meinte, das seien unsere aneinander schlagenden Thermoflaschen, die man durch den offenen Durchstieg höre. Ich war mir da nicht so sicher… Marina checkte die Thermobecher und bei der Weiterfahrt war wieder das „Klonk“ zu hören – es kam eindeutig von vorne rechts. An einem kleinen Schotterplatz konnten wir neben der Straße anhalten um dem Geräusch auf den Grund zu gehen. Ein Blick hinter das Rad genügte, um den Schlamassel zu sehen.
Der rechte Stoßdämpfer baumelte an der oberen Befestigungsschraube. Die untere Schraube war weg. Entweder verloren oder die Schraube war gebrochen. Das wäre ja alles nicht so schlimm gewesen, wenn der Dämpfer nicht so sehr beschädigt wäre, dass er nicht mehr funktioniert. Wir konnten ihn nicht mal mit der Hand soweit zusammendrücken, dass wir ihn wieder montieren konnten Mit einem Spanngurt ging es dann. Langsam fuhren wir bis Grand Falls auf den Walmartparkplatz, um eine Lösung für unser Problem zu finden. Schlechtes Internet macht die Sache nicht gerade einfach.
Hier stehen wir nun und sind erst mal gestrandet. Seid genau so gespannt wie wir, ob und wie wir dieses Problem lösen. Bis zum nächsten Bericht und Safe Travels!
gefahrene Strecke:
1491 Kilometer
Schäden / Verschleißteile:
• Einstiegsgriff Fahrerseite abgebrochen (Schaden bei der Verschiffung)
• Hardipumpe, Magnetventil und Schalter defekt
• Ausziehleiter Halterung unterste Trittstufe gebrochen
• Stoßdämpfer vorne rechts Halteschraube unten verloren oder gebrochen
• Stoßdämpfer vorne rechts verbogen
Verluste:
• Aufstellstab für Dunstabzugshaube (verloren als ich am Flughafen meinen Stellplatz verlassen musste)
Plattfüße:
• KEINEN! Wir hoffen auch, dass wir die Rubrik auf dieser Reise nicht so oft gebrauchen werden 😉
Ausrüstungs-Topps:
• vernünftige Ratschengurte um krumme Stoßdämpfer zusammen zu ziehen
Ausrüstungs-Flopps:
• Alu Ausziehleiter, nagelneu und schon gebrochen